Sonntag, 27. April 2014

Wer ist Der, welcher vom heiligen Apostel Thomas berührt wurde?


Als Christus zu den Aposteln trat, zeigte er, dass er von dem Zweifel des Thomas wusste und auch von seiner Erklärung, dass er nicht glauben werde, ohne die Male in Christi Seite und Händen zu berühren. “Streck deinen Finger aus — hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig“ (Joh 20,27). Indem du also untersuchst, ob ich selber dein Lehrer bin, von dem du weißt, dass er gekreuzigt wurde, und der jetzt vor dir steht, zweifle nicht mehr, sondern glaube an meine Auferstehung. Thomas antwortete, indem er seinen Glauben konzentriert ausdrückte. 
Wenn sein Lehrer auferstanden ist, dann ist er der, welchen er als seinen Herrn erkennt, wirklich Gott “Mein Herr und mein Gott.“ Die Gottesdiensthymnen des zweiten Ostersonntags wiederholen mehrmals den erstaunten Ausruf Thomas‘ angesichts des Heilands: “Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28). Die starke Betonung dieses Ausrufs, dieses Bekenntnisses, will die Tatsache unterstreichen, dass der Berührte Gott und Mensch war. Im Feiersynaxarion lesen wir, dass Thomas “mein Herr und mein Gott rief das eine für die Leiblichkeit und das andere für die Göttlichkeit.“ Das heißt, dass Thomas, indem er “Herr“ sagte, die Person Jesu als Mensch meinte, und indem er “Gott“ sagte, seine Göttlichkeit. “Obwohl die Türen verschlossen waren, tratest du, Christus, mit dem unbedeckten Glanz deiner Göttlichkeit in die Mitte deiner Apostel, zeigtest ihnen die Wunden deiner Hände und deiner Füße, und die Betrübnis ihrer Unruhe zerstreuend riefest du: Wie ihr an dem Leib, der vor euch steht, seht, bin ich kein Gespenst. Und den Jünger, der zweifelte, ermuntertest du, damit er ehrfürchtig berührt, ihm sagend: Du, der alles erforschst, komm und zweifle nicht mehr. Und als er mit der Hand deine doppelte Natur fühlte, rief er glaubensvoll: Mein Herr und mein Gott, Ehre sei dir!“ Der von Thomas Berührte war also Christus, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen war und zusammen mit den Menschen gelebt hatte, der von ihnen gekreuzigt und getötet worden war, welcher nach drei Tagen auferstanden war und sich seinen Aposteln zeigte, um sie von seiner Auferstehung und Göttlichkeit zu überzeugen. Dieses Ziel erreichte er völlig, weil Thomas nach der Berührung “den Fleischgewordenen als den Gottessohn bekannte. Er hat ihn als den erkannt, welcher im Fleisch gelitten hat Er hat ihn als den auferstandenen Gott verkündet und voll Freude gerufen: Mein Herr und mein Gott, Ehre sei dir‘ Wir stehen voll Freude bei dem überzeugten Thomas, mit ihm bekennen wir Christus als Gott und Mensch und bitten ihn um die Rettung unserer Seelen.

Theologisch gehaltvolle Texte im Gottesdienst des zweiten Ostersonntags
Wie an jedem Fest sind die Texte, die die ganze Feier am besten charakterisieren und auch oft wiederholt werden, das Troparion, das Kondakion und der Ikos des Festes. Das Troparion kündet die Auferstehung Christi, während das Grab versiegelt war, und sein Kommen zu den Aposteln durch die verschlossenen Türen.“ Obwohl die Gruft versiegelt war, gingst du, das Leben, aus dem Grabe hervor, Christus, o Gott. Und als die Türen versiegelt waren, tratest du zu deinen Jüngern hin, du Auferstehung aller, durch sie den wahren Geist erneuernd nach deinem großen Erbarmen. Wichtig ist hier für uns die Grundwahrheit, dass Christus die Auferstehung von uns allen ist und dass er durch seine Apostel in und unter uns den wahren Geist erneuert. Unsere Auferstehung ist eine Folge des wahren Glaubens, der uns unverändert von den Aposteln überliefert wurde. Der wahre Geist wird dort gefunden, wo der wahre Glaube ist, der Glaube, den die Apostel von Christus übernommen und weiter überliefert haben. Das Kondakion und der Ikos des Festes beharren auf der Berührung der Wunde Jesu durch Thomas: “Mit seiner Wahrheit suchenden Rechten untersuchte Thomas deine lebenspendende Seite, Christus, o Gott. Denn als du eintratst bei verriegelten Türen, hat er mit den anderen Aposteln gerufen: Mein Herr bist du und mein Gott!“ “Wer bewahrte des Jüngers Hand, dass sie damals nicht zerschmolz, da sie sich näherte der feurigen Seite des Herrn? Wer gab ihr den Mut, wer flößte ihr die Kraft ein, glühend Gebein zu berühren? Sie, die er berührte. Denn hätte die Seite nicht der armseligen Rechten die Kraft verliehen, wie hätte sie die Leiden prüfen können, die Himmel und Hölle erschütterten. Thomas war die Gnade gegeben, die Seite zu berühren und zu Christus zu rufen: Mein Herr bist du und mein Gott!“ Im Kondakion wird betont, dass Thomas die Seite des auferstandenen und durch die verschlossenen Türen zu den Aposteln gekommenen Christus berührt hat, und der Ikos stellt die Tatsache in den Vordergrund, dass Thomas sich einer großen Gnade erfreute, indem er von Gott die Kraft und die Erlaubnis bekommen hat, „die feurige Seite“ und „das glühende Gebein“ zu berühren. Dank der Wirkung der Gnade wurde Thomas überzeugt und gläubig, und so bekannte er seinen Glauben: „Mein Herr und mein Gott.“ Wer einen beständigen Glauben hat; wird ihn notwendig bekennen. Es ist unmöglich, dass jemand einen Glauben hat und ihn nicht bekennt. Indem der Gläubige fest glaubt, wird er immer das unerschütterliche Zeugnis seines Glaubens geben.

(aus: Die Orthodoxe Spiritualität der Osterzeit; Kommentar zum Pentekostarion. Vater Serafim Pâtrunjel [Weihbischof Sofian], Verlag „Der Christliche Osten“ Würzburg, 1998.)
http://www.rum-orthodox.de/

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