Montag, 25. November 2013

Anmahnung zum Fasten vom Hl. Johannes Klimakos



Das Fasten ist die Erleuchtung der erblindeten Herzen,

ein Licht der Seele,
die Wache des Geistes,
die Tür zur Demut,
die Quelle der zerknirschten Seufzer,
der Tod der Geschwätzigkeit,
der Anlass zur geistlichen Sammlung,
die fröhliche Trauer des bußfertigen Herzens,
der Wächter des Gehorsams,
die Ursache beseligender Ruhe,
das Heil des Körpers,
das Mittel zur Vergebung von Sünden
und das Tor zur Seligkeit des Paradieses.

Wenn unsere Seele nach verschiedenen Speisen verlangt, so finden wir das als etwas der Natur entsprechendes. Doch ist umsichtige Wachsamkeit vonnöten, damit wir nicht in die Fallstricke unserer schlauen Feindin, der Essbegierde, geraten. Lasst uns auf jene Speisen verzichten, die fett machen und die im Körper die Hitzigkeit anfachen. Nach unserer Beobachtung sind es vor allem Fleischspeisen, die im Körper die Flamme der Geilheit nähren. Halten wir Maß! Mit überfüllten Eingeweiden lässt sich nicht enthaltsam leben. Lasst uns auf Naschwerk verzichten, das süß und wohlschmeckend ist, aber nur dem Gaumenreiz dient. Dann werden wir frei von den Geiseln des Leibes.

Wenn du zu Tische sitzt, so vergiss inmitten der Speisen nicht das Andenken des Todes. Wenn du an das Gericht Gottes denkst, wirst du nicht geneigt sein, im übermaß deinen Teller anzuhäufen. Wenn du zum Becher greifst, erinnere dich des Essigs und des Gallentranks, den man unserem Herrn gereicht hat, dann wirst du nicht geneigt sein, dich zu betrinken. Du wirst gen Himmel seufzen und bescheidener werden. Ein Sklave seines Bauches ist der Mensch, der die Feiertage nur im Hinblick auf die Köstlichkeiten des Tisches erwartet und nicht an dieGnadenschätze des Himmels denkt, die ihn erwarten.

Beherrsche deinen Bauch, bevor er dich beherrscht, damit du nicht eines Tages plötzlich in Schanden gezwungen bist, zu einer mäßigeren Lebensart zurückzukehren! Die Menschen, die der Gefräßigkeit und der Trunksucht verfallen sind, träumen nur von ihren Gelüsten. Wer aber in der wahren geistlichen Bußtrauer lebt, weiß, dass ihn das furchtgebietende Gericht Gottes erwartet.

Der Geist des Fasters ist nüchtern und klar. Der Geist des Unmäßigen aber ist voll unreiner Vorstellungen. Die Völlerei bewirkt die Verführbarkeit des Blickes, sie ist eine Quelle der Geilheit. Die Betrübnisse des Bauches aber bahnen den Weg zur Keuschheit.
Wer sein Fleisch durch Besinnung auf seine Tugenden mit gutem Willen allein bekämpfen und überwinden will, kämpft vergeblich. Wenn Gott nicht selbst das Haus fleischlicher Gelüste zerstört und dafür das Haus des Geistes errichtet, so kannst du fasten und wachen und alles ist umsonst. Stelle dem HERRN die Schwachheit deiner Natur vor Augen! Erkenne dabei deine eigene Ohnmacht und du wirst die Gnade der Keuschheit empfangen und erfahren, wie du dich erhebst über die Fesseln deiner Körperlichkeit.
Übersättigung trocknet alle Gnadenquellen aus, durch Fasten aber fließen wieder die Tränen der Reue und durch die Reue findest du zur Buße und Vergebung.

Wird der Bauch durch Fasten beherrscht, demütigt sich auch unser stolzes Herz, denn der Geist der Hoffart wird bei Tisch ernährt. Bezähmst du deine unersättliche Begierde nach den Tafelfreuden, so wirst du auch deine Zunge endlich beherrschen, denn von der Menge der Speisen gewinnt sie ihre Kraft.
Die Gefräßigkeit ist Herrin über alle Übel.
Frage diese Herrin und sie wird dir Auskunft geben,
Auskunft über Adams Fall,
Auskunft über Noahs Schande,
Auskunft über Sodoma und Gomarrhas Verderben,
Auskunft über die Vertilgung der Söhne Elis,
Auskunft über den Untergang der Israeliten!
Fragt doch diese Herrin:
Woher bekamst du die Erlaubnis, über uns zu herrschen?
Was bezweckst du und wie lange währt deine Herrschaft?

Wird sie antworten?
Sie wird schon antworten, weil sie der Beschimpfung durch diese Anfragen überdrüssig wird:
Was schmäht ihr mich? Ihr seid mir unterworfen!
Wie wollt ihr euch von mir trennen, wo uns doch die Natur miteinander verbunden hat!
Das Tor, durch das ich einzog, ist die Verlockung der Völlerei.
Die Ursache meiner Herrschaft ist die Fühllosigkeit des Geistes, euer gewohnheitsstarres Wesen und die Vergessenheit euerer Vergänglichkeit.

Kennt ihr meine Kinder? Ihre Namen wollt ihr wissen? So hört!
Meine vielgeliebten Söhne heißen:
Herzenskälte,
unreiner Traum,
Befleckung.
Meine vielgeliebten Töchter heißen:
Trägheit,
Geschwätzigkeit,
Narretei,
Frechheit,
Vorurteil,
Prahlerei,
Eitelkeit.
Mich bekämpft man, mich überwindet man aber nicht. Das Gedenken der Vergänglichkeit verfolgt mich zwar, aber es gibt nichts im ganzen sterblichen Leben, das mich ganz vernichtet. Wer den Heiligen Geist hat, kämpft gegen mich und jener verhindert auf innigstes Anflehen hin eine gottlose Handlung. Diejenigen aber, die den himmlischen Tröster nicht verkostet haben, unterliegen meinen verführerischen Reizen.
Wer die Laster überwand, schreitet auf offener Straße zum Glück der Mäßigung und zum Seelenfrieden.

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